Laudatio auf Hana Shaikholeslami

Anlässlich der Verleihung des Preises des Vereins zur Förderung ausländischer Studierender,  e.V. am 18.04.07 im WDR-Studio.

Hana Shaikholeslami begann ihr Studium am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule im Oktober 2004. Sie kam aus dem Iran zu uns und brachte allein durch ihre Erscheinung Farbe in die grauen und kühlen Herbsttage unserer Region.
In nur einem Vierteljahr erlernte sie die deutsche Sprache so gut, dass sie sich in anspruchsvollen Seminaren verständigen konnte und in einem weiteren Vierteljahr sogar in Wort und Schrift. Ein Phänomen!
Hana legt ihren Schwerpunkt auf die Malerei, ein Gebiet, dass sie bereits an der Malereiakademie Sooreh in Tehran erfolgreich studiert hat, so dass sie zum Wintersemester in den Master-Studiengang Gestaltung wechseln konnte. Ihr Master-Projekt widmet sich der Übertragung der poetischen Gedanken eines persischen Mystikers des 13. Jahrhunderts - Mavlana Jaledin Rumis in die ästhetischen Strukturen der Gegenwart. Hana ist eine ebenso aufmerksame wie mitfühlende Studentin, die sich u.a. darin verdient gemacht hat, anderen ausländische Studierenden des Fachbereichs die Einfindung in die hiesigen Verhaltensformen und Anforderungen zu erleichtern. Im Fachbereich Gestaltung gehören Studierende aus China, Korea, Russland, Griechenland zu ihrem engeren Bekanntenkreis.
(Die Betreuung der Lehrenden am Fachbereich Gestaltung: Professorin Suse Wiegand und Professor Jochen Geilen.)
Hana definiert sich sehr stark durch Ihre Malerei, die sie in zwischen auch mit poetischen Worten begleitet. Sie schreibt:
"Ich bin mit der Kunst zusammengewachsen. Ich liebe ihre Freiheit. Ich spüre ihre Freiheit. Ich kann die Grenzen mit meinen Händen verschieben, Ich lebe in den Farben. Immer wenn ich etwas Neues höre, erfinde ich eine neue Farbe. In dem Moment, in dem aus dem künstlerischen Schaffen heraus etwas entsteht, werde ich aufgeregt und bin fasziniert. Ich liebe den Geruch der Malerei und die Spuren getrockneter Farbe auf der Leinwand. Mal male ich einen Traum in seiner surrealen Welt, mal einen verrückten Gedanken in seinem abstrakten Traum,…"
So ist es eine Wanderung, die die Künstlerin uns vorschlägt, eine Wanderung durch die Farben ihrer Träume. Es ist aber auch eine Wanderung zwischen den Kulturen zwischen Orient und Okzident. Dies hat sich zunächst einmal in an Varianten reichen Farbzonen und Farbverläufen niedergeschlagen. Was beim Abschreiten ihrer Bilder mit den Augen sinnlich nach-erfahrbar zur Anschauung und zur Aufnahme ins Bildgedächtnis freigegeben wird, hat zuvor ebenfalls einer Wanderung bedurft, einer Wanderung durch das imaginare, immatrielle und individuelle Unbewußte, das auf der Suche nach dem Verbindenden zwischen den abend- und morgenländischen Kulturen die Farbe als Kommunkationsgrund erkennt. Wir werden gewissermaßen Spuren ansichtig, die sich in den Farbnuancen Überschneiden: Der Farbenzauber des Orients, der seit dem 19. Jahrhundert zahlreiche Meister der Farbe, wie Eugène Delacroix z.B. begeisterte, trifft auf die Melancholie der dunklen Beweggründe, die so oft das europäische Temperament auszeichnet. Zu erinnern ist daran, dass der Orient zunächst von voyeuristischem Interesse war, dann aber zum Einfallstor für das Fremde wurde, als ein wesentlicher Bezugspunkt für die künstlerische Moderne. Pablo Picassos Schaffen ist davon grundlegend geprägt worden. Ferner ist zu erinnern an die aus Russland eingewanderten Juden, Chagall und Soutine etwa, die Paris zur Weltstadt der Kunstmoderne machten, ebenfalls durch Anstoße von Außen.
Hana Shaikholeslami dokumentiert mit ihrem Verständnis von Kunst auf eigene Weise eine das Andere achtende Überlagerung, die im Dialog der Kulturen neue Impulse entdeckt. Sie verweist diesbezüglich erstaunlicherweise auch auf die frühen aus Deutschland bekannten Boten dieses Prozesses, namentlich den von Goethe verfassten West-östlichen Diwan und sie kennt auch jene Poesie, auf die sich Goethe so begeistert bezog. Wir tuen gut daran, diese Botschaft für uns erneut in Erinnerung zu rufen:
Wer sich selbst und andre kennt,
Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind nimmermehr zu trennen."
(Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Diwan/1819-1827)
Martin Roman Deppner